Kann jede Person Schlagzeug Spielen lernen? (Teil 2)

Von Marc Seefried

Dieser Artikel ist der zweite Teil einer vierteiligen Reihe, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die vier Mythen zu entzaubern, die Menschen davon abhalten, den Mut aufzubringen, das Schlagzeugspielen zu erlernen. Nachdem wir im ersten Artikel den nebulösen Begriff 'Talent' als Mythos entlarvt  haben, widmen wir uns nun der weit verbreiteten Annahme, dass 'Musikalität' und 'Rhythmusgefühl' angeblich angeborene, unveränderliche Eigenschaften sind.

„Ich bin komplett unmusikalisch und habe überhaupt kein Rhythmusgefühl.“

Dieser Aberglaube hält insbesondere Erwachsene  davon ab, ein Instrument zu lernen. Dass es sich bei 'Musikalität' und 'Rhythmusgefühl' jedoch nicht um angeborene Veranlagungen handelt, sondern um erlernbare Fähigkeiten, davon will ich dich in diesem Artikel überzeugen. Unmusikalisch zu sein ist keine Tatsache – es ist eine Geschichte, die du dir selbst erzählst. Lass uns diese Vorstellung gemeinsam hinterfragen. Wir beginnen dabei mit dem Begriff des 'Rhythmusgefühls'. Hier können wir hier sehr alltägliche Beispiele benutzen, um dir zu zeigen, dass du bereits sehr viel mehr Rhythmus in dir trägst, als du glaubst.

Du hast Rhythmus!

Führe dir vor Augen, wie viele Dinge du bereits getan hast oder regelmäßig tust, die eine Form von Rhythmusgefühl erfordern. Denke z. B. an bestimmte Bewegungsabläufe, Spiele oder sportliche Aktivitäten, die rhythmisch sind, weil sie erfordern, dass du dich und deinen Körper rhythmisch mit deiner Außenwelt synchronisierst.

Rhythmus im Alltag

Kannst du schaukeln oder Springseil springen? Kannst du joggen oder schwimmen? Kannst du Schlittschuh oder Ski fahren? Ich könnte die Liste endlos weiterführen und könnte noch viel alltäglichere Tätigkeiten auflisten, aber ich glaube mein Punkt wird hier bereits deutlich: 

Im Endeffekt sind wir permanent von Rhythmus umgeben und auch du synchronisierst dich in allen möglichen Kontexten erfolgreich mit diesen Rhythmen. Auch du hast also grundsätzlich Rhythmusgefühl und dieses Rhythmusgefühl in explizit musikalischen Kontexten zu aktivieren, ist nicht so schwierig, wie du glaubst.

Rhythmusgefühl entwickeln

Wie können wir nun also ein bewusstes Gefühl für Rhythmus entwickeln, und für das Erlernen eines Instruments wie dem Schlagzeug nutzbar machen?

Verbindung zur Körperbewegung

Was bei all den genannten Beispielen vielleicht schon ins Auge springt, ist, dass Rhythmus eine sehr körperliche und unmittelbare Dimension hat. Diese Feststellung hilft die Vorstellung abzubauen, dass Musikmachen und insbesondere das Erlernen des Schlagzeugspielens etwas Schwieriges und „Verkopftes“ ist, das nur bestimmten Personen vorbehalten ist. 

Die Tatsache, dass Rhythmus und auch das Schlagzeug als Instrument sehr körperlich sind, macht sie prinzipiell für alle Menschen zugänglich.

Rhythmus entdecken anstatt zu lernen

Wahrscheinlich kann man sagen, dass es beim Erlernen von ursprünglichem Rhythmusgefühl gar nicht so sehr darum geht, sich neue Fähigkeiten anzueignen. Viel mehr geht es darum, eine unmittelbarere Verbindung zur eigenen Körperlichkeit aufzudecken, die bislang nur in dir schlummert, weil du vielleicht in deinem Alltag eine Distanz zur Rhythmizität deiner Körperlichkeit aufgebaut hast. 

Du verfügst bereits über alle Mittel, um dein inneres Rhythmusgefühl zu entdecken und um Schlagzeugspielen zu lernen.

Taktgefühl durch Übung

Ein gutes Rhythmusgefühl entsteht durch Wiederholung. Indem du dich schrittweise an verschiedene Rhythmen herantastest und bewusst übst, trainierst du dein Gehör und deine Motorik. Klatsche einfache Taktarten, übe mit einem Metronom oder bewege dich zur Musik – all das hilft dir, ein besseres Gefühl für Rhythmus zu entwickeln.

Das Schlagzeug als körperliches Instrument

Wir haben bereits festgestellt, dass ein Verständnis für Rhythmus viel damit zu tun hat, dass man die Choreographie seiner Bewegungen verstehen lernt. Das Schlagzeug ist ein sehr körperliches Instrument. Das bedeutet, dass die Choreographie der Bewegungen sich unmittelbar auf den Klang des Instruments auswirkt. Was folgt daraus?

Schlagzeugspiel als Tanz

Wenn du das Erlernen von Rhythmen oder Grooves am Schlagzeug als das Erlernen einer Choreographie verstehst, dann nimmst du dir damit den Druck, dass du dich selbst im Lernprozess immer danach beurteilst, ob du schon musikalisch hochwertige Dinge hervorbringst. 

Ähnlich wie beim Tanz, beim Kampfsport oder beim Autofahren, erlernst du zunächst die Choreographien. Die Frage danach, ob du Bruce Lee, Michael Schumacher oder Michael Jackson bist, stellt sich an dieser Stelle noch gar nicht. Die grundlegenden Voraussetzungen zum Erlernen der jeweiligen Choreographien besitzen wir jedoch alle.

Rhythmus und Gehörbildung

Neben der körperlichen Dimension von 'Rhythmus' spielt die Fähigkeit Rhythmen zu hören eine wichtige Rolle. Diese Fähigkeit hängt mit der körperlichen Dimension durchaus zusammen, da man Rhythmen häufig dann versteht, wenn man in der Lage ist, sie im Verhältnis zu einem gleichbleibenden 'Puls' zu hören. Dabei ist die Assoziation zum Herzschlag nicht zufällig, sondern soll genau diese körperliche Dimension von Rhythmus nochmal herausstellen.

'Hören' ist allerdings durchaus auch erlernbar und jeder Musikerin wird dir sehr wahrscheinlich bestätigen, dass ein Instrument lernen auch Musik-hören-Lernen bedeutet.

Gehörbildung und Geschmack

Kennst du, dass du mittlerweile Essen genießt, das dir als Kind nicht geschmeckt hat?  Typische Dinge, die offenbar nur Erwachsene lecker finden? 

Ein Argument dafür, dass Musikalität erlernbar ist, lässt sich daraus ableiten. Auch in der Musik zeigt sich, dass es sowohl für Musikerinnen als auch für Nicht-Musikerinnen einzelne Lieder oder ganze Musikgenres gibt, an die sie erst heranwachsen mussten. 

Meistens geht es dabei um komplexere Musik, die schnell als anstrengend und sperrig wahrgenommen wird. Was zunächst reine Reizüberflutung ist, offenbart Schritt für Schritt Strukturen wie Melodien und Rhythmen. 

Ähnlich wie bei scharfem Essen, oder bei bestimmten starken Geschmäcken wie Bitterkeit, erlernt man hier das „goutieren“ und kommt auf den Geschmack. Wenn also auch bereits gestandene Musiker*innen bestimmte Musik erst hören lernen müssen, wird es auch dir gelingen Musik zu spielen und zu verstehen.

Naives und analytisches Hören

Allein schon die Fähigkeit ein Musikstück analytisch zu hören und einzelne Instrumente zu identifizieren, ist eine Fähigkeit, die meistens auch mit Anleitung eingeübt werden muss, weil man zunächst noch gar keine Vorstellung davon hat, wie bestimmte einzelne Instrumente klingen und was ihre Funktion im musikalischen Ganzen ist. 

Diese Fähigkeit zum analytischen Hören ist für das Erlernen eines Instruments fundamental wichtig. So ist es ja völlig klar, dass eine Person von sich selbst behaupten würde, absolut unmusikalisch zu sein, wenn sie beim Hören eines Musikstücks keine Vorstellung davon hat, was z. B. das Schlagzeug spielt und worauf sie sich konzentrieren muss.
Im Umkehrschluss beschreiben viele Musiker*innen, dass sie große Fortschritte gemacht haben, während sie nicht am Instrument saßen. Sobald sie in der Lage waren zu verstehen, was sie hören, haben sie durch aktives Musikhören ihre Fähigkeiten am Instrument weiterentwickelt, auch dann, wenn sie nicht physisch geübt haben.

Musikalität verstehen und entwickeln

Musikalität wird oft als angeborene Fähigkeit verstanden. Tatsächlich ist es jedoch ein Zusammenspiel aus Neugier, Übung und Erfahrung. Niemand wird mit perfektem Rhythmusgefühl geboren – es ist etwas, das wir entwickeln, indem wir Musik erleben und uns aktiv mit ihr auseinandersetzen.

Musikalität ist erlernbar

Wie bei jeder anderen Fähigkeit gilt auch hier: Je mehr du dich mit Musik beschäftigst, desto mehr verbesserst du dein Verständnis für Rhythmus und Melodie. Die Erfahrung zeigt, dass selbst Menschen, die glauben, unmusikalisch zu sein, mit der richtigen Anleitung große Fortschritte machen können.

Fazit

Die Vorstellung, dass du unmusikalisch bist oder kein Rhythmusgefühl hast, ist ein Mythos, der dich nicht länger zurückhalten sollte. Musikalität und Rhythmus sind keine angeborenen Talente, sondern Fähigkeiten, die jeder Mensch entwickeln kann. Du verfügst bereits über mehr Rhythmusgefühl, als du denkst – es gilt lediglich, dieses Potenzial zu aktivieren. Mit der richtigen Anleitung, etwas Geduld und Freude an der Musik wirst auch du dein musikalisches Potenzial entdecken.

Muss ich als Schlagzeuger*in musikalisch sein?

ch persönlich spiele Schlagzeug, weil ich mit anderen Menschen Musik spielen und Musik erschaffen will. Gleichzeitig habe ich aber festgestellt, dass Musikalität keine notwendige Motivation fürs Schlagzeugspielen ist. 

Aufgrund der Körperlichkeit von Rhythmus kann es ganz andere Zugänge zum Instrument geben, die mit Musikalität gar nicht viel zu tun haben, die aber gleichermaßen valide sind. Viele meiner Schüler*innen sind am Schlagzeugspielen auf ganz andere Weise interessiert:

Für manche ist es eine physische Aktivität, die ihnen hilft, Energie loszuwerden, für andere ist es Gehirnjogging, das sie fit hält, indem sie an der Koordination ihrer vier Gliedmaßen arbeiten und für wieder andere ist es eine persönliche Genugtuung, sich Woche für Woche durch Lehrbuchseiten zu spielen. 

Zugegebenermaßen musste auch ich als Lehrer erst lernen, diese sehr verschiedenartigen Beweggründe zu erkennen und im Unterricht entsprechend zu berücksichtigen, aber mittlerweile ist für mich das Folgende völlig klar:

Finde deinen persönlichen Zugang zum Instrument

Lass dich nicht von einer bestimmten Vorstellung davon, wie man als Schlagzeuger*in zu sein hat, hemmen und entmutigen. Jeder Grund Schlagzeugspielen zu wollen ist so gut wie jeder andere und deine persönliche Beziehung zum Instrument kann dir von keinem genommen werden. 

Was immer dich also am Schlagzeugspielen reizt, folge diesem Impuls und sei dir sicher, dass niemand das Recht hat, diesbezüglich über dich zu urteilen.

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